Mentalität, Einstellung, Mindset – alles Modewörter, die zwischen Bundes- und Kreisliga wirklich häufig verwendet werden. Was weniger bekannt ist, dass wir alle an diesen mentalen Stellschrauben arbeiten können. Nehmen wir das Mindset. Unsere “Denkweise” wird durch so viele Erinnerungen und Erfahrungen geprägt, dass diese unser Verhalten im Ergebnis begrenzen und fördern können. Mit dem richtigen Mindset jedoch gelingt es, sich über alte Denk- und Verhaltensweisen hinwegzusetzen. Ich erkläre, was genau ein Mindset ist und wie es Ihren sportlichen Erfolg beeinflussen kann.
Zum Thema: Wie Sie Ihre Denkweise verändern und trainieren können
Das Mindset wurde von der Motivationspsychologin Carol Dweck (2012) entwickelt. Es zeigt, welche Bedeutung, die Überzeugungen von Personen bezüglich ihrer kognitiven Fähigkeiten auf ihr Lernen haben. Die Forscherin unterscheidet in Menschen mit einem „fixed mindset“, die die Überzeugung besitzen, dass Intelligenz und andere Persönlichkeitsmerkmale genetisch und unveränderlich sind. Daneben steht das „growth mindset“. Dieses wird durch Volition und Training veränderbar. Bezogen auf den Sport bedeutet dies, dass die Sportler mit einem „fixed mindset“ nur an einem Feedback interessiert sind, wenn es ihre Fähigkeiten unterstreicht. Sie nutzen Feedback nicht zum Lernen, weil sie kein inneres Modell davon haben, das ihr Erfolg von der Lernanstrengung abhängt. Solche Sportler vermeiden Herausforderungen, fürchten Versagen „Furcht vor Misserfolg“ (Heckhausen, J. & Heckhausen, H. 2010), geben schnell auf, erleben ihre Anstrengungen nicht als zielführend und ignorieren konstruktives Feedback. Sie haben den Wunsch, nach außen kompetent zu wirken. Sportler mit einem „growth mindset“ hingegen sind überzeugt, dass Kompetenzen durch Lernen an Fehlern und Herausforderungen wachsen können und dass sie dies in ihrer Entwicklung unterstützt „Hoffnung auf Erfolg“ (Heckhausen, J. & Heckhausen, H. 2010).
Deswegen können Spieler mit einem „growth mindset“ besser mit Scheitern umgehen, können es nutzen, um sich mehr anzustrengen und sind überzeugt, dass sie Fähigkeiten erwerben und sich entwickeln können. Dweck konnte in einem umfangreichen Forschungswerk zeigen, dass diese Überzeugungen zu größerem Erfolg beim Lernen und damit zu besseren Ergebnissen führen. Sie konnte darüber hinaus zeigen, dass dieses Mindset beeinflusst werden kann. Und genau an dieser Stelle wird es für Trainer, Führungsspieler und Funktionäre interessant: Denn wenn Trainer und Teamkollegen auf konkrete Spielhandlungen oder Anstrengungen mit ihrem Lob reagieren, anstatt die Fähigkeiten zu betonen, scheint dies günstige Auswirkungen zu haben.
Testung: Hoffnung auf Erfolg (HE) und Furcht vor Misserfolg (FM)
Jetzt stellen Sie sich vielleicht die Frage, welche ihrer Spieler zu der einen oder der anderen Gruppe gehören? Finden Sie es heraus! Die Anwendung der aussagekräftigen Testung „Achievement Motives Scale-Sport“ von Elbe & Wenhold (2005) ist einfach und lässt sich ohne weiteres in ihr Training integrieren. Danach wissen Sie, ob Ihre Spieler eher erfolgszuversichtlich oder misserfolgsängstlich sind – und können viel besser darauf eingehen.
Die AMS (Elbe & Wenhold, 2005; Elbe et al., 2005) ist ein Fragebogen, der die beiden Leistungsmotivkomponenten Hoffnung auf Erfolg (HE) und Furcht vor Misserfolg (FM) mit jeweils 15 Fragen für die Langversion und jeweils fünf Fragen für die Kurzversion erfasst. Beide Komponenten können bei einem Leistungskicker gleichzeitig hoch bzw. niedrig ausgeprägt sein. Einen Hinweis über dieser eher erfolgszuversichtlich oder misserfolgsängstlich ist, liefert die Nettohoffnung (NH). Zudem kann das Gesamtleistungsmotiv (GLM) Hinweise zur Stärke des Leistungsmotivs geben. Es lohnt sich also, diese Testung mit ihren Spielern durchzuführen:
Zur Testung:
https://www.bisp-sportpsychologie.de/SpoPsy/DE/Diagnostikportal/Motivation/motivation_node.html
Über den Link finden Sie auch eine leicht nachvollziehbare Erklärung. Wenn Sie Fragen haben sollten, dann dürfen Sie sich gerne bei mir melden. Sie wollen es noch greifbarer? Dann setzen Sie die folgende Übung bei einem der nächsten Trainings um:
Trainingsempfehlung für ein verbessertes Mindset ihrer Mannschaft:
Stellen Sie zwei gleichstarke Teams im Abschlussspiel zusammen. Die Spieler der ersten Mannschaft sollen nach erfolgreicher Spielsituation gesagt bekommen, dass sie sehr “spielintelligent” seien. Bei dem anderen Team hingegen loben Sie die Anstrengungen und deren Einsatz, inhaltlich ganz nah an der jeweiligen Spielsituation. Danach erfassen Sie das Mindset der Spieler, indem sie der folgenden Aussage zustimmen oder widersprechen können:
„Spielintelligenz ist enorm wichtig, Jungs. Aber kann man das lernen? Was meint ihr?“
Bereiten Sie dazu ein paar Notizzettel und Stifte vor. Die Spieler sollen dazu eine Antwort mit kurzer Begründung schreiben. Versehen mit Namen und Nummer wandert das in eine Box. Wenn Sie herausfinden wollen, wie mächtig Ihre Worte waren, stellen Sie für das “spielintelligente” und das “intensiver” gelobte Team jeweils eine eigene Box auf, um darin die Zettel zu sammeln. Werten Sie die Antworten in Ruhe, gern mit Unterstützung aus dem Trainerstab aus!
Übung: Einfache Wahl
In einer weiteren Trainingseinheit, können Sie dann die Spieler vor die Wahl stellen, eine eher herausfordernde taktische Vorgabe zu lösen, von der sie noch lernen könnten oder eine leichtere zu bekommen, die ihnen eine fehlerfreie Lösung garantieren würde.
Hinweis: Über Ihre Erfahrungen und Anregungen würde wir wir uns sehr freuen. Nehmen Sie also gern Kontakt zu mir auf.
Erfahrungen mit Teams
Erfahrungen mit einer betreuten Mannschaft zeigen erstaunliche Effekte bei dieser Vorgehensweise. Die erste Mannschaft sah sich als talentiert, während die zweite, die für ihren Einsatz gelobt worden war, vor allem ihre Fähigkeiten betonte und der Überzeugung war, dass regelmäßiges Training durch Willen und Anstrengung erreicht werden kann. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die für ihre Spielintelligenz gelobten Spieler überwiegend zu der leichten Aufgabe griffen, während die anderen die Chance nutzten, etwas zu lernen. Spieler, die nur für ihre Spielintelligenz gelobt wurden, verloren das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten ebenso wie die Spielfreude.
Natürlich hatte das Lob zu jedem Zeitpunkt den Zweck, das Selbstvertrauen und die Motivation zu stärken, aber es konnte anhand meiner praktischen Erfahrungen festgestellt werden, dass nur das „richtige“ Lob diesen Zweck erfüllte. Und hierin steckt die Kernaussage: Als Trainer oder Führungsspieler müssen Sie richtig loben. Bewerten Sie konkrete Aktionen, in denen die Spieler nach ihren Vorstellungen agieren, nachdrücklich positiv. Das Ergebnis wird sich auszahlen.
Fussballer mit einem unbeweglichen Mindset…
- … vermeiden Herausforderungen, wenn sie Niederlagen befürchten
- …können nicht gut mit diesen Niederlagen umgehen
- …versuchen, diese Niederlagen zu verbergen
- …sind überzeugt davon, nur auf einem Gebiet begabt zu sein (bspw. Verteidigung, Ballan- und Mitnahme)
- …wiederholen innerlich häufig negative Glaubenssätze
Im Gegensatz dazu ist bei Fussballern mit beweglichen Mindset zu beobachten, dass sie…
- …wissbegierig und neugierig darauf sind, etwas Neues zu erlernen
- …wissen, dass Anstrengungen dafür nötig sind, um etwas zu erreichen
- …Fehler machen dürfen und diese als Chance fürs Lernen sehen
- …ihre Schwächen und Stärken kennen und daran arbeiten
- …Herausforderungen schätzen und annehmen
- …offen für neue Lernerfahrungen sind
Fussballer mit einem „growth mindset“ strengen sich also wesentlich häufiger an, trotz Niederlagen. Ihre Frustrationstoleranz ist offenbar deutlich höher. Leistungskicker mit dieser Einstellung halten sich nicht unbedingt für genetisch gesegnet, aber sie sind der Überzeugung, dass jeder besser werden kann, wenn er daran arbeitet.
Fazit
Erfolgreiche Leistungskicker und personell entsprechend aufgestellte Teams wissen, dass sie sich weiterentwickeln müssen. Bringen Sie als Trainer oder Führungsspieler ihr Team in die Lage, dass möglichst viele Spieler neue Herausforderungen annehmen wollen. Geben Sie mit Mut den Weg vor. Fehler zu machen, gehört bei diesem Prozess dazu, genauso wie auch Rückschläge. Wenn Sie etwas erreichen wollen, müssen Sie etwas dafür tun. Dazu gehört nicht nur die Bereitschaft, Neues zu lernen sondern auch neue Wege bis zum Ende zu beschreiten.
Viele neigen dazu, sich mit negativen Glaubenssätzen selbst auszubremsen, indem sie in Gedanken immer die alten Erfahrungen oder Zuschreibungen wiederholen: „Ich kann das nicht“, „Ich konnte das noch nie…“. Stoppen Sie diesen negativen Kreislauf! Noch können Sie vielleicht eine bestimmte taktische Vorgabe nicht umsetzen. Dass heißt aber nicht, dass das so bleibt. Die Aussichten, dass Sie etwas mit der richtigen Einstellung und Leidenschaft schaffen, sind wesentlich höher. Sie können und sollten von erfahrenen Spielern in der Mannschaft lernen, um sich ein neues Mindset anzueignen.
Erfahrungen mit zahlreichen Teams zeigen, dass sich das Mindset durch aufrechte und zielführende Interaktionen entwickeln und ändern lässt. Das positive Denken kann dabei nicht nur den Druck reduzieren, sondern auch zur Gesundheit beitragen. Investieren Sie also in ihr Mindset und das ihrer Spieler.