Erfolg beginnt im Kopf. Misserfolg leider auch! Ist sicherlich kein neues Thema, dennoch ist die Verbreitung in der Praxis, insbesondere im Nachwuchstraining, noch nicht ausreichend genug vorhanden.
Zum Thema: Welche Möglichkeiten des mentalen Trainings mit Kindern und Jugendlichen ergeben sich im (leistungsorientierten) Fußball?
In der angewandten Sportpsychologie kann bereits ab circa zwölf Jahren mit einer altersgerechten Verbesserung mentaler Fertigkeiten begonnen werden. Diese Arbeit findet in der Regel auf dem Sportplatz oder in Kleingruppen statt. Vor allem die Stärkung mentaler Fertigkeiten, wie z.B. im Umgang mit Nervosität, bieten sich an. Darüber hinaus kann an der Verbesserung von technischen Fertigkeiten sowie an der Stärkung der eigenen Kompetenzerwartung und Konsequenzerwartung, gearbeitet werden, womit sich wiederum eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit erzielen lässt.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass mentales Training als Angebot bei Kindern und Jugendlichen zum Teil nicht ankommt, da die Verantwortlichen sich dieser Möglichkeit versperren. Nicht selten spielt dabei die Angst der Trainer oder der sportlich Verantwortlichen eine Rolle, dass das Hinzuziehen eines Sportpsychologen als Eingeständnis der fehlenden Kompetenz in diesem Bereich gewertet wird. Dies ist nur bedingt verständlich, zumal andere Nationen verschiedener Sportarten mit Sportpsychologen im Kinder und Jugendbereich seit Jahren auf verschiedenen Ebenen zusammenarbeiten. Die derzeitige Situation ist aus der Sicht der meisten angewandten Sportpsychologen ziemlich bedenklich: Im Regelfall wird die Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen – aus Angst vor der roten Couch – gemieden oder es wird erst dann ein Experte zu Rate gezogen, wenn schwerwiegende Probleme gelöst werden sollen (z.B. Abstiegskampf, Konflikte zwischen Trainer und Spieler, Schulprobleme, schlechte Leistung auf dem Platz oder auch der Umgang mit Stress u.v.m.).
Was macht aber junge talentierte Sportler aus? Gemeinhin gilt, dass sie motorisch ziemlich auf der Höhe sind, neue Bewegungen mühelos lernen und es verinnerlicht haben, komplexe Dinge schnell aufzunehmen und diese dann leistungsrelevant abzurufen. Weniger geläufig ist die Bezeichnung mentaler Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Aber aufgepasst: Diese sehen die Leistungssituationen eher nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung. Die Stressforschung brachte Ergebnisse hervor, nach denen mental gefestigte Kicker in Belastungssituationen mit positiven Emotionen, situationsangepasster Erregung und ausgesprochener Fokussierung auf die eigentliche sportliche Tätigkeit reagieren. Der junge Kicker glaubt an sich selbst, bleibt in schwierigen Situationen gelassen und souverän, kann Niederlagen emotional gut verarbeiten, handelt selbstbewusst und verfolgt konsequent seine Ziele.
Ist davon auszugehen, dass zur Erreichung einer erfolgsversprechenden Leistung, ein über viele Jahre kontinuierliches angeleitetes Fußball-Training absolviert werden muss (Bloom, 1985), dann bleibt kaum nachzuvollziehen, dass sportpsychologisches Training in der Nachwuchsförderung in den ersten vier Ligen im Fußball nicht selten stiefmütterlich behandelt wird. Die Tendenzen zur Besserung sind jedoch erkennbar.
Das mentale Training
Aus den oben genannten Inhalten, stelle ich Ihnen nun ein praktisches Beispiel vor: Das mentale Training wird als planmäßig wiederholte, bewusste Sich-Vorstellen einer Handlung ohne deren gleichzeitige praktische Ausführung erklärt (modifiziert nach Eberspächer 1995). Beim mentalen Training laufen somit äquivalente Prozesse wie bei der tatsächlichen Durchführung ab (funktionale Äquivalenz). Zunächst entwickelt ein junger Sportler ein umfangreiches Drehbuch beispielsweise zum Thema: Verbesserung seiner Treffsicherheit beim Freistoß. Anschließend schreibt er diese Bewegung im Detail auf und hebt dabei die Knotenpunkte hervor (Worte einkreisen). Dies könnte wie folgt aussehen:
– Anlauf; 2. Anlauf; Keine Systemveränderung; Linker Fuß startet, rechter Fuß zieht durch; Linker Fuß startet, rechter Fuß zieht durch; Linker Fuß startet, rechter Fuß zieht durch, Explosiver Schuss
– Anschließend trainiert der Fußballer die symbolisch markierten Knotenpunkte mental: Laaang; Laaang; Und; Links, Rechts; Links, Rechts; Zack; Schuss!
Die damit verbundenen mentalen Trainingsformen sind dann unter anderem das subvokale Training, das internal observative Training und das ideomotorische Training. Beim subvokalen Training ruft der junge Athlet die Handlungsausführung per innerem Gespräch ab. Beim internal observativen Training stellt er sich selbst aus der Außenansicht bei der Handlungsausführung vor (Kopfkino). Das ideomotorische Training hingegen ermöglicht eine Innenansicht beim Ausführen der Handlung. Diese Trainingsform aktiviert äquivalente neuronale Strukturen, wie praktisch ausgeführte Bewegungen (prämotorischer Kortex) und primär motorischer Kortex (Roth et. al. 1996). Beachten Sie dabei, dass das mentale Training in Verbindung mit der Praxis zu sehen ist und sensibel eingeübt werden sollte.
Zusammengefasst lässt sich unterstreichen, dass ein langfristiger Aufbau mentaler Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen in den Jugendleistungszentren mit Weitblick auf die psychische Gesundheit und Leistungsfähigkeit als eine von vielen zentralen Größen gesehen werden sollte. Ausgangspunkt sollte aus meiner Sicht ein feststehendes Konzept „Kinder und Jugendliche mental stark machen“ sein, dessen Ziel es ist, durch kontinuierliches Mentaltraining die Persönlichkeit so zu entwickeln, dass Kinder und Jugendliche ihre Leistungsmöglichkeiten umfassend ausschöpfen dürfen, parallel jedoch ihre schulische und berufliche Entwicklung nicht aus den Augen verlieren (vgl. Knörzer u.a. 2006). Weitere Tätigkeitsfelder sind z.B. das Training der positiven Selbsteinschätzung (Kompetenzerwartung), situationsgerechte Aktivierungsregulierung und die Förderung der Teamfähigkeit. Hierbei können Sportpsychologen in Verbindung mit den Trainern und Eltern nachhaltig unterstützen.
Literatur:
Bloom, B.S. (1985): Developing Talent in Young People. New York. Ballantine.
Engbert, K. (2011) Mentales Training im Leistungssport – Ein Übungsbuch für den Schüler- und
Eberspächer, H. (1995) Mentales Training. Sportinform Verlag.
Eberspächer, H. & Immenroth, M. (1999). Mentales Training – hilft es auch dem
modernen Chirurgen? Zentralblatt für Chirurgie, 124, 895-901
Jugendbereich. ISBN 978-3-938023-63-1. Neuer Kunstverlag/Neuer Sportverlag
Knörzer, W. (2006): Kompetenzorientierte Prävention und Gesundheitsförderung. In: Knörzer/
Knörzer, W. (2008): Kompetenzorientierte Prävention. „Life Skills Education“ mit dem Heidelberger
Kompetenztraining (HKT) zur Entwicklung mentaler Stärke. In: Becker/Carlsburg/Wehr (Hrsg.): Seelische Gesundheit und gelungenes Leben, Frankfurt a.M.: Peter Lang, S. 107-114
Mayer, J. & Hermann, H. D. (2014): Sportpsychologie im Nachwuchsfußball: Mentale Fertigkeiten entwickeln und trainieren. ISBN-10: 3894172339. Philippka-Sportverlag
Petrig, G.A. Mentaltraining für Jugendliche: Übungen zur Stärkung der Persönlichkeit zum Einsatz in Schule und Jugendarbeit Taschenbuch. ISBN-10: 3407628269, Beltz Verlag.
Roth, M., Decety, J., Raybaudi, M., Massarelli, R., Delon-Martin, C., Segebarth, C.M.,Morand, S., Gemignani, A., Decorps, M., & Jeannerod, M. (1996). Possible involvement of primary motor cortex in mentally simulated movement: A functional magnetic resonance imagery study.