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Schlafqualität im Fußball

von | 07.05.24 | Prof. Dr. René Paasch

Der Weltklasse Stürmer Cristiano Ronaldo hat einen Schlafcoach engagiert, um seine Leistungsfähigkeit auf und neben dem Platz zu optimieren. Bereits 2013 hatte Carlo Ancelotti bei Real Madrid Nick Littlehales Dienste in Anspruch genommen. Der Schlaf-Guru, der seiner eigenen Legende nach einst Bettenvertreter war, startete seinen Siegeszug durch die Schlafzimmer von Spitzensportlern bei Manchester United. Lassen wir das PR-Gedudel von Buchautor Littlehales mal bei Seite und beschäftigen wir uns aus sportpsychologischer Sicht seriös mit dem Thema Schlaf:

Zum Thema: Regelmäßiger Schlaf für mehr Leistungsfähigkeit auf und neben dem Platz?  

Was der Schlaf für den Körper, ist die Freude für den Geist: Zufuhr neuer Lebenskraft.

Rudolf von Ihering (1818 – 1892)

Nicht nur im Leistungssport, sondern auch für jeden Einzelnen stellt der Schlaf einen lebensbegleitenden und einen selbstverständlichen Bestandteil des Alltags dar. Im Allgemeinen wird regelmäßige körperliche Aktivität zum einen mit gesundem Schlaf und zum anderen mit einer Verbesserung der Schlafqualität in Verbindung gebracht (Driver & Taylor, 2000). Einerseits hängt die sportliche Leistung von der Schlafqualität und Schlafquantität ab, andererseits führt vermehrte körperliche Aktivität zu einem erhöhten Schlafbedürfnis (Davenne, 2009). Möglicherweise war dies der Grund für CR7 einen Schlafcoach zu engagieren. Laut Littlehales schläft Ronaldo nicht acht Stunden am Stück. Er schläft fünfmal am Tag, allerdings jeweils nur 90 Minuten. Dabei liegt er in Embryohaltung und sein Bett ist immer frisch bezogen. Außerdem gilt für Ronaldo rund eineinhalb Stunden vor jedem 90-Minuten-Schlaf ein Bildschirm- und Handyverbot. Das Argument dafür: Das Nervensystem reagiert auf die blauen Wellenlängen des Lichts besonders sensibel, die von Bildschirmen wie diesen ausgehen und wiederum Schlafstörungen auslösen können. Prima Ansatz. Schauen wir uns das ein wenig näher an.

Im Groben kann man den Schlaf in drei Phasen unterteilen: Den Leichtschlaf, den Tiefschlaf und die REM-Phasen (Rapid-Eye-Movement – schnelle Augenbewegungen). Bei Erwachsenen beginnt etwa alle 90 Minuten ein neuer Schlafzyklus, bei dem jede dieser soeben erwähnten Phasen vorkommt. Das könnte auch der Grund für den Schlafrhythmus von CR7 sein. Die meiste Zeit des Schlafes befinden wir uns im Leichtschlaf, der uns den Übergang zu den erholsamen Schlafphasen ermöglicht. Zu Beginn der Nacht haben die Zyklen einen hohen Anteil an Tiefschlaf und wenige REM-Phasen. Die REM-Phasen (Carskadon & Dement, 2011) nehmen allerdings im Laufe des Schlafes zu. Das bedeutet der Schlaf wird von Anfang bis hin zum Ende leichter. Welche Bedeutung hat das für den Leistungskicker?

Die Bedeutung von Schlaf für Fußballer

Für Leistungssportler erfüllt der Schlaf nicht nur eine regenerative Funktion, sondern hat auch eine entscheidende Wirkung auf die mentale Fitness. Im Schlaf ist die Hirnrinde aktiv, die wichtige mentale Grundfunktionen wie Zielfokussierung, Handlungsschnelligkeit, Entscheidungsfindung und Konzentrationsfähigkeit steuert. Bei einem Schlafdefizit werden diese mentalen Grundfunktionen beeinträchtigt und die Leistung entsprechend reduziert sein. Neben dieser Vorbereitung der mentalen Fitness für den nächsten Tag kommt dem Schlaf auch eine zentrale Rolle für die Abspeicherung von Bewegungsmustern und motorischen Bewegungsabläufen zu. Die sogenannte „Replay-Theorie“ nach Zulley (2008): Sie besagt, dass das Gehirn nachts die Bewegungsmuster und Lerninhalte vom vorausgegangenen Trainingstag auf neuronaler Ebene nochmals durchläuft, um diese final abzuspeichern und in den entsprechenden Arealen des Gehirns nachhaltig zu verankern. Dieses Prinzip gilt nicht nur für das Abspeichern motorischer und koordinativer Abläufe, sondern prinzipiell für Lernen im weitesten Sinn. Für den gesunden Schlaf ist ganz besonders das Wachstumshormon STH verantwortlich, das überwiegend während der Tiefschlafphasen ausgeschüttet wird. Es regt das Muskelwachstum an, baut überschüssiges Körperfett ab und stärkt die Knochendichte. Und nicht zuletzt stellt der Schlaf auch den besten Schutz vor Krankheiten dar und ist wichtig für den Genesungsprozess von Verletzungen und Stärkung des Immunsystems. Die folgenden Tipps helfen Ihnen und Ihren Sportlern, den Schlaf zu einer echten Kraftquelle zu machen:

Regelmäßigkeit: Wiederkehrende Tagesabläufe, sollten Sie möglichst regelmäßig und zur selben Zeit erledigen (Aufstehen, Zubettgehen, das Einnehmen der Mahlzeiten, Training). Ein gleichmäßiger Tagesablauf ermöglicht es dem Organismus, sich abends besser auf den Schlaf einzustellen.

Mittagsschlaf: Ein kurzer Schlaf von max. 20 Minuten, am besten zwischen 13 und 14 Uhr, fördert die geistige Frische für die zweite Tageshälfte (Robson-Ansley et al., 2009).

Mahlzeit am Abend: Zu spätes und schweres Abendessen stört den nächtlichen Schlaf. Ideal wäre spätestens um 19 Uhr zu Abend zu essen und dabei auf fettige Nahrung zu verzichten.

Achtsamkeit und Entspannungsverfahren: Tagsüber (in größeren Zeitabständen) und bevor Sie schlafen gehen, sollten Sie innerlich zur Ruhe kommen „Hier und Jetzt“. Entspannende Musik oder Atementspannung könnte dabei auch behilflich sein.

Bett: Allein das Betreten des Schlafzimmers und der Anblick des Betts sollten dem Gehirn signalisieren, dass es um Erholung und Schlafen geht. Vermeiden Sie es daher, im Bett zu arbeiten, zu essen oder fernzusehen. Nach Möglichkeit bei offenem Fenster schlafen, damit der Organismus ausreichend Sauerstoff bekommt. Die ideale Raumtemperatur liegt bei 16 bis 18 Grad.

Gedankenstopp: Oft lässt man in der Zeit unmittelbar vor dem Einschlafen den Tag nochmals innerlich ablaufen. Das sollte aber nicht zum Grübeln von Problemen ausarten. Besser wäre es, sich gezielt positive Erinnerungen ins Gedächtnis zu rufen oder eine einfache Meditation „Achtsamkeitstraining“ zu erlernen. Näheres zur Achtsamkeit finden Sie hier: http://www.die-sportpsychologen.de/2016/09/21/dr-rene-paasch-der-trend-zur-achtsamkeit/

Schlafmaß: Das „normale“ Schlafmaß gibt es nicht. Großteils bestimmen Erbanlagen den Schlafbedarf. Erwachsene schlafen durchschnittlich sieben bis acht Stunden. Es gibt aber auch Menschen, die sich schon nach fünf Stunden Schlaf gut erholt fühlen. Das einzig wichtige Kriterium für genug Schlaf ist, ob jemand sich tagsüber frisch und ausgeruht fühlt.

Fazit:

Aufgrund von sportlichen und außersportlichen Verpflichtungen ist es schwierig, eine ausreichend lange Schlafperiode allen Kickern zu empfehlen. Eine weitere Möglichkeit wäre daher, das bestehende Zeitfenster zum Schlafen möglichst offen zu lassen. Da die wahrgenommene Qualität des Schlafes von größerer Bedeutung ist (Pilcher, Ginter & Sadowsky, 1997), sollten individualisierte Interventionsmaßnahmen eine größere Rolle spielen.  

Literatur

Driver, H. S. & Taylor, S. R. (2000): Exercise and sleep. Sleep Medicine Reviews, 4, 387-402.

Davenne, D. (2009): Sleep of athletes – problems and possible solutions. Biological Rhythm Research, 40(1), 45-52. doi: 10.1080/09291010802067023

Carskadon, M. A. & Dement, W. C. (2011): Normal human sleep: An overview. In M. Kryger, H; Roth, T.  & Dement, W.C. (Eds.): Principles and practice of sleep medicine (5 ed., pp. 16-26). St. Louis: Elsevier Saunders.

Kölling S, Ferrauti A, Pfeiffer M, Meyer T, Kellmann M.: Sleep in Sports: A Short Summary of Alterations in Sleep/Wake Patterns and the Effects of Sleep Loss and Jet-Lag. Dtsch Z Sportmed. 2016; 67: 35-38.

Pilcher, J. J., Ginter, D. R. & Sadowsky, B. (1997). Sleep quality versus sleep quantity: Relationships between sleep and measures of health, well-being and sleepiness in college students. Journal of Psychosomatic Research, 42, 583-596.

Robson-Ansley, P. J., Gleeson, M. & Ansley, L. (2009). Fatigue management in the preparation of Olympic athletes. Journal of Sports Sciences, 27, 1409-1420. doi: 10.1080/02640410802702186

Zulley J. (2008):Der Schlaf des Sportlers. Medical Sports Network. Prävention, Therapie und Sportslife für Amateure und Profis. Vol. 3. Darmstadt: succidia AG -Verlag und Kommunikation; 26-17

Prof. Dr. René Paasch

Prof. Dr. René Paasch

Professor für Sportpsychologie und Life Coaching

Ich bin verheiratet, habe 7 Kinder und lebe inzwischen in Bayern. Als Familienmensch haben Werte wie Vertrauen, Offenheit und Verantwortung einen hohen Stellenwert für mich.
In meiner Arbeit als Sportpsychologe und Life Coach vertrete ich eine ganzheitliche Sicht. Egal ob Spitzen- oder Breitensport, Beruf oder Privat – jede Situation hat bringt eigene Herausforderung mit, weshalb mich immer das Gesamtpaket interessiert und begeistert.
Weil keine Begleitung und Betreuung der vorherigen gleicht, liebe ich meine Arbeit. Ich verstehe mich dabei als Coach und Mentor und bringe mein gesamtes Wissen und mein Netzwerk in eine Zusammenarbeit mit ein.